Univ.-Doz.(Wien) Dr. med. Gerd Reuther
Der Heiler und der Kranke: eine Geschichte voller Missverständnisse
Für Behandler changieren Kranke zwischen Arbeitsmaterial, Bittsteller und Verbündetem. Je nachdem, wie groß Empathie und wie stark das Geschäftsinteresse ist. Kranke konnten vom wählerischen Auftraggeber bis zum demütig sich Unterwerfenden alle Rollen einnehmen. Das Spektrum der Beziehung reicht von intimster Nähe, bei der sich Ärzte zu Kranken hinlegten bis zum Wegsperren in geschlossene Einrichtungen und Fernbehandlungen. Überschattet wird die Begegnung immer von einem Anspruch und Erwartungen, die in den seltensten Fällen zu erfüllen sind. Der Kranke erwartet Besserung oder Heilung, die Behandler suggerieren, aber selten und allenfalls zum Teil leisten können. Trägt doch der Kranke das Potential der Selbstheilung in sich, ohne die keine Therapie erfolgreich ist. Ein Blick auf eine Beziehung über die Zeiten, die von Anfang an belastet war.
Der Referent
Univ.-Doz.(Wien) Dr. med. Gerd Reuther ist Facharzt für Radiologie, Medizinaufklärer und Medizinhistoriker. Er ist der meistgelesene Medizinkritiker im deutschsprachigen Raum. Nach 30 Jahren als Facharzt für Radiologie davon 13 Jahre als Primarius in Wien hatte er seinen Arztkittel vor 10 Jahren mit 55 an den Haken gehängt. Seither hat er 8 Bücher und zahlreiche Artikel veröffentlicht. Bis zu seiner aktuellen Medizingeschichte hat 30 Jahre kein Medizinhistoriker mehr eine gesamte Darstellung der gesamten Medizingeschichte gewagt. Er ist überzeugt, dass man die heutigen Vorgänge nur versteht, wenn man deren Vergangenheit kennt. Geschichte wiederholt sich zwar nicht einfach, aber sie reimt sich.